Schwangerschaftsabbruch

Aktuell gibt es keine Erhebungen über die Anzahl der Schwangerschaftsabbrüche in Liechtenstein. Die Gesetzeslage in Liechtenstein hält unter §§ 96 – 98a StGB diverse Verbote und Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren für Personen fest, die in Liechtenstein einen Schwangerschaftsabbruch an sich oder mit Einwilligung der Schwangeren an ihr vornehmen. Es gilt aber Straffreiheit, wenn der Schwangerschaftsabbruch zur Abwendung einer nicht anders abwendbaren ernsten Gefahr für das Leben oder eines schweren Schadens für die Gesundheit der Schwangeren erforderlich ist oder die Schwangere zur Zeit der Schwängerung unmündig gewesen ist oder wenn an der Schwangeren eine Vergewaltigung (§ 200), sexuelle Nötigung (§ 201) oder ein sexueller Missbrauch einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person (§ 204) begangen wurde und die Schwangerschaft auf einer solchen Tat beruht. Voraussetzung für Straffreiheit in all diesen Fällen ist, dass der Abbruch von einem Arzt oder einer Ärztin vorgenommen wird oder der Schwangerschaftsabbruch zur Rettung der Schwangeren aus Lebensgefahr vorgenommen wird.

Dem Abtreibungsverbot ist in § 98a auch ein Informationsverbot angehängt. Das bedeutet, dass in Liechtenstein keine niederschwellig zugänglichen umfassenden Informationen für Schwangerschaftsabbrüche abgegeben werden und keine institutionalisierten Strukturen für medizinisch sichere Schwangerschaftsabbrüche aufgebaut werden können. Gemäss dem aktuellen Jahresbericht von schwanger.li, einer privat finanzierten Stiftung, beriet diese im Jahr 2023 insgesamt 20 Frauen aus Liechtenstein zum Themenkreis Schwangerschaftskonflikt. Eine staatliche Beratungsstelle zum Thema existiert nicht.

Der Überwachungsausschuss unter der UNO-Frauenrechtskonvention, CEDAW, empfahl bereits 2018 dringlich eine Ergänzung der strafrechtlichen Bestimmungen über Schwangerschaftsabbrüche. Er forderte die Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs für die Schwangere sowie für Leistungserbringende von medizinischen Dienstleistungen, zumindest in Fällen gravierender fötaler Beeinträchtigung sowie das Recht auf Zugang zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen. Diese Empfehlung ist nach wie vor nicht angegangen worden.

Der UNO-Ausschuss für die Rechte des Kindes empfiehlt in seinem kombinierten dritten und vierten Bericht von 2023 den Schwangerschaftsabbruch unter allen Umständen zu entkriminalisieren und den Zugang zu sicheren Abtreibungs- und Nachsorgediensten für heranwachsende Mädchen zu gewährleisten, wobei sicherzustellen ist, dass ihre Meinung stets gehört und im Rahmen des Entscheidungsprozesses angemessen berücksichtigt wird (Empfehlung Nr. 33 b).

Gleichzeitig nehmen die Europäische Menschenrechtskonvention, die UNO-Kinderrechtskonvention und die UNO-Behindertenrechtskonvention Bezug auf die Lebensrechte von (auch ungeborenen) Kindern mit oder ohne Behinderungen.

VMR und OSKJ fordern in Einklang mit CEDAW und der Kinderrechtskonvention die Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs sowie den Zugang zu sicheren Abtreibungs- und Nachsorgediensten für Frauen und Mädchen. Darüber hinaus fordern sie die Abschaffung des Informationsverbots im Zusammenhang mit Schwangerschaftsabbrüchen im Strafgesetzbuch.