Haft und Freiheitsbeschränkung

Prüfungsmechanismen

Die Haftbedingungen und die Umsetzung anderer Formen des Freiheitsentzugs in Liechtenstein werden regelmässig von der Strafvollzugskommission der Regierung geprüft. Sie besucht Institutionen wie das Landesgefängnis oder Pflegeheime und erstattet der Regierung jährlich über die vorgefundene Lage Bericht. Die Kommission nimmt ausserdem die Aufgabe des Nationalen Präventionsmechanismus unter der Anti-Folter-Konvention des Europarats (Konvention zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe; CPT) wahr. Die Berichte der Strafvollzugskommission finden sich in den Rechenschaftsberichten der Regierung.

Die Länderberichte Liechtensteins und die Empfehlungen an Liechtenstein zur UNO-Antifolterkonvention (CAT) sowie die Berichte des Ausschusses zu Liechtenstein unter der Folterpräventions-Konvention des Europarats (CPT) finden Sie hier.

Haftvollzug

Das liechtensteinische Landesgefängnis ist ein Untersuchungsgefängnis. Auch gewisse Administrativhaften (z.B. Ausschaffungshaften) werden vollzogen. Es bietet Beschäftigungs- und Besuchsmöglichkeit, Seelsorge für alle Religionen, geschlechtergetrennte Unterbringung und Gesundheitsversorgung. Allerdings sind die Arbeitsmöglichkeiten und die Behandlung und Betreuung von Personen mit psychischen Erkrankungen, Suchtmittelabhängigkeiten oder anderen spezifischen Bedürfnissen beschränkt. Das Kontaktrecht von minderjährigen Kindern zu inhaftierten Elternteilen (auch in der Untersuchungshaft) sollte an die menschenrechtlichen Vorgaben des Europarats und der UNO-Kinderrechtskonvention angepasst werden. Der reguläre Haftvollzug in Österreich ist wegen der teilweise grossen Distanzen betreffend Sozialkontakte nicht optimal. Seit 2018 kann jedoch der Entlassungsvollzug von Personen aus Liechtenstein in der nahegelegenen Schweizer Haftanstalt Saxerriet vorgenommen werden, was u.a. für die Resozialisierung vorteilhaft ist.

Die gesetzliche Grundlage über die Fristen bei Einzelhaft – gemäss Strafvollzugsgesetz bis zu vier Wochen bzw. auf Antrag des Vollzugsgerichts bis zu sechs Monaten – sollte überprüft werden, auch wenn gemäss Bericht der Regierung unter der UNO-Antifolterkonvention diese in der Praxis offenbar nicht ausgeschöpft wird.

Jugendhaft

Ein Jugendhaftvollzug im Inland, der den spezifischen Rechten und Verletzlichkeiten von Kindern und Jugendlichen gerecht wird, ist in Liechtenstein nicht gegeben, jedoch unbedingt notwendig. Der Haftvollzug für Jugendliche wird gemäss dem aktuellen Bericht der Regierung unter der UNO-Antifolterkonvention von 2019 durch ein Sonderregime geregelt. Allerdings ist dieses weder standardisiert noch schriftlich festgelegt, und es wird auch nicht dargelegt, ob es speziell überprüft wird

Eine ausländerrechtliche Haft für Jugendliche ab 15 Jahren ist gemäss Art. 60 Abs. 2 des Ausländergesetzes möglich. Auch wenn diese Form der Administrativhaft in der Praxis nicht vollzogen wird, so widerspricht diese Regelung der Kinderrechtskonvention, wie der UNO-Ausschuss für die Rechte des Kindes in seinen Allgemeinen Bemerkungen feststellt: Zwar erlaubt das Übereinkommen solche Inhaftierungen als letztes Mittel, gleichwohl dürfen Personen unter 18 Jahren gemäss des Grundsatzes des Kindeswohls (Art. 3 KRK) in der Regel nicht inhaftiert werden. Dies gilt unabhängig davon, ob sie sich in Begleitung eines Erwachsenen befinden oder nicht.

Fürsorgerische Unterbringung und Bewegungseinschränkungen in Alters- und Pflegeeinrichtungen

Seit der Revision des Sozialhilfegesetzes von 2020/21 werden die fürsorgerische Unterbringung und Massnahmen zur Bewegungsbeschränkungen von Menschen in Alters- und Pflegeeinrichtungen gesetzlich geregelt. Bei diesen Massnahmen handelt es sich um sehr sensible Eingriffe in das Grundrecht auf persönliche Freiheit. Die gesetzliche Neuregelung der Heimbetreuung ist umfassend und verhältnismässig und steht im Einklang mit der UNO-Behindertenrechtskonvention.  Die Anzahl der fürsorgerischen Unterbringungen hat sich in den letzten 20 Jahren vervierfacht. 88 Prozent aller fürsorgerischen Unterbringungen von 2018 – 2023 standen in Zusammenhang mit psychischen Erkrankungen. Um die Zunahme an fürsorgerischen Unterbringungen auf das notwendige Minimum zu beschränkten, sollte ein psychologischer Notfalldienst eingeführt werden. 95 Prozent aller fürsorgerischen Unterbringungen in diesem Zeitraum erfolgten bei Gefahr in Verzug durch die diensthabenden Ärzte und Ärztinnen und wurden gerichtlich überprüft. Nur 4 Prozent der in diesem Zeitraum erfassten Einweisungen wurden vom Gericht als unzulässig eingestuft und aufgehoben. Für die Überweisung in Schweizer Einrichtungen fehlt nach wie vor ein Staatsvertrag. Die Verhandlungen dafür sind bereits 2019 aufgenommen, aber noch nicht zum Abschluss gebracht worden. Weitere Informationen finden sich im VMR-Monitoringbericht.