Religionsfreiheit

Die Religionsfreiheit ist in Art. 37 der Verfassung verankert. Die Römisch-katholische Kirche wird aber gemäss Verfassung als Landeskirche bevorzugt behandelt. Sie wird vom Staat und den Gemeinden finanziert. Andere religiöse Gemeinschaften hingegen sind als private Vereine definiert und können staatliche Fördermittel beantragen. Eine staatliche Unterstützung der islamischen Religionsgemeinschaften ist an die Bedingung geknüpft, dass diese einen gemeinsamen Dachverband gründen. Für andere Religionsgemeinschaften gibt es keine solchen Bedingungen.

In den Primarschulen wird ein katholischer, ein evangelischer, ein islamischer und ein kulturhistorisch vergleichender Religionsunterricht angeboten. In den weiterführenden Schulen wird neben dem kulturhistorisch vergleichenden Religionsunterricht weiterhin der katholische Religionsunterricht angeboten, der staatlich finanziert und inhaltlich vom Erzbistum definiert ist.

Der UNO-Ausschuss zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte hinterfragte in seiner Prüfung des liechtensteinischen Staatenberichts im Juli 2017 die engen Verbindungen zwischen dem Staat und der katholischen Kirche und äusserte Bedenken bezüglich der Auswirkungen, welche die engen Verflechtungen zwischen Staat und Kirche auf den Schutz der Religionsfreiheit, wie sie im genannten Pakt vorgesehen ist, haben könnte. Er forderte Liechtenstein dazu auf, dass allen religiösen Organisationen gleichberechtigt und ohne Bedingungen Fördermittel zur Verfügung gestellt werden und dass allen Religions- und Glaubensgemeinschaften per Gesetz die gleichen Rechte gewährt werden.

Die Europäische Kommission gegen Intoleranz und Rassismus (ECRI) kritisiert in ihrem Bericht von 2018 unter anderem den Umstand, dass die Muslime in Liechtenstein ungleich den Anhängern anderer Religionsgemeinschaften weder über einen eigenen Friedhof verfügen noch finanzielle Unterstützung vom Staat erhalten.

Die Bemühungen um die Errichtung von muslimischen Grabstätten oder -feldern sowie die Nutzung geeigneter Gebetsräumlichkeiten für Muslime scheitern an der Bereitschaft bzw. Möglichkeit von Seiten der Gemeinden, entsprechende Grundstücke bzw. Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen. Die vom Liechtenstein Institut 2017 veröffentlichte Studie Islam in Liechtenstein stellt ebenfalls die Notwendigkeit wie auch die Verantwortlichkeit der Gemeinden in dieser Sache fest.

Seit mehreren Jahren sind keine weiteren Fortschritte bei der Trennung von katholischer Kirche und Staat erzielt worden. Dieser Stillstand ist in vermögensrechtlichen Konflikten begründet, blockiert aber auch die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage, die eine gleichberechtigte Behandlung aller rechtlich anerkannten Religionsgemeinschaften gewähren würde.

Im Oktober 2022 veröffentlichte der VMR den Bericht «Religiöse Vielfalt im Fürstentum Liechtenstein». Darin werden die Religionsgemeinschaften in Liechtenstein, ihre Organisation, Tätigkeiten und Herausforderungen vorgestellt. Der Bericht zeigt auf, dass ein interreligiöser Dialog und eine gesetzlichen Grundlage zur Gleichstellung aller religiöser Gemeinschaften von der grossen Mehrheit der Religionsgemeinschaften gewünscht wird.

Gemäss Rechenschaftsberichten der Regierung begann das Ministerium für Präsidiales und Finanzen im Jahr 2016, alternative Lösungsansätze, d.h. eine rein gesetzliche Neuregelung ohne Konkordat und Verträge auf Gemeindeebene zu evaluieren. Nachdem mehrere Jahre keine Massnahmen von Seiten der Regierung an die Hand genommen wurden, informierte der Regierungschef im August 2021 öffentlich, dass eine Lösung in der Frage der Trennung von Kirche und Staat (und damit eine neue gesetzliche Grundlage) in der aktuellen Mandatsperiode angegangen werden soll.