Familienrechtsstreitigkeiten

Auch nach der Einführung des revidierten Kindschaftsrechts vom 1. Januar 2015, das neu die gemeinsame Obsorge als Regelfall vorsieht, gelingt es Eltern aufgrund ihres Paarkonfliktes häufig nicht, sich auf eine Betreuungsregelung zu einigen, bzw. eine bereits bestehende Vereinbarung umzusetzen. Kindschaftsrechtliche Verfahren, d.h. Obsorge, Unterhalts-, Besuchsrechtsverfahren etc., ziehen sich oft sehr lange hin. Sie wirken deshalb
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Auch nach der Einführung des revidierten Kindschaftsrechts vom 1. Januar 2015, das neu die gemeinsame Obsorge als Regelfall vorsieht, gelingt es Eltern aufgrund ihres Paarkonfliktes häufig nicht, sich auf eine Betreuungsregelung zu einigen, bzw. eine bereits bestehende Vereinbarung umzusetzen. Kindschaftsrechtliche Verfahren, d.h. Obsorge, Unterhalts-, Besuchsrechtsverfahren etc., ziehen sich oft sehr lange hin. Sie wirken deshalb zermürbend, verhärten die Fronten und entfremden Kinder vom nichtbetreuenden Elternteil.

Die Herausforderung besteht darin, Lösungen zu finden, welche die Strukturen so verbessern und weiterentwickeln, dass in Fällen von elterlichem Streit um Sorge- und Besuchsrecht im Sinne des Kindeswohls möglichst früh und zügig eine einvernehmliche und tragfähige Konfliktlösung erzielt werden kann. Dafür ist eine enge behörden- und organisationsübergreifende Zusammenarbeit nötig.

Niederschwellige Kontaktstellen bei Familienrechtsstreitigkeiten in Liechtenstein sind unter anderen:

Runder Tisch Obsorge

Auf Einladung der OSKJ trafen sich am 24. Mai 2019 Vertreterinnen und Vertreter folgender Organisationen zum ersten Runden Tisch zum Thema Obsorge: Amt für Soziale Dienste, infra, Frauenhaus, Landgericht, Amt für Justiz, Rechtsanwaltskammer, Sozialpädagogische Dienste VBW, Verein für Männerfragen, Ombudsstelle für Kinder und Jugendliche (OSKJ) im VMR.

In Rahmen des gemeinsamen Austausches über Fragen, Probleme und Herausforderungen von Familienrechtsstreitigkeiten wurden auch Möglichkeiten zur Verbesserung der Situation und zur Weiterentwicklung der entsprechenden Strukturen diskutiert.

Die Teilnehmenden des ersten Runden Tisches betonten die Wichtigkeit eines regelmässigen Austauschs unter den Professionen und sprachen sich für jährlich stattfindende Runde Tische Obsorge aus. Diese werden von der OSKJ organisiert und koordiniert.

Anlässlich des zweiten Runden Tisches Obsorge vom 26. Juni 2020 formierte sich eine Arbeitsgruppe zur Evaluation des Kindschaftsrechts. Fünf Jahre nach dessen Inkrafttreten wurden während rund zwei Jahren Praxiserfahrungen zusammengetragen und Änderungsvorschläge formuliert. Die Arbeitsgruppe Obsorge wird von der OSKJ koordiniert.

Unbegleitete Minderjährige Asylsuchende (UMAs)

Unbegleitete Minderjährige Asylsuchende (UMAs), Kinder und Jugendliche, die ohne ihre Eltern oder andere erwachsene Personen mit offizieller elterlicher Verpflichtung in ein Land einreisen und dort um Asyl ansuchen, haben aufgrund ihrer Verletzlichkeit besondere Schutzrechte, welche in der Kinderrechtskonvention verankert und vom UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) empfohlen werden. Auch Liechtenstein beherbergt vereinzelte UMAs. Gemäss Artikel 12
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Unbegleitete Minderjährige Asylsuchende (UMAs), Kinder und Jugendliche, die ohne ihre Eltern oder andere erwachsene Personen mit offizieller elterlicher Verpflichtung in ein Land einreisen und dort um Asyl ansuchen, haben aufgrund ihrer Verletzlichkeit besondere Schutzrechte, welche in der Kinderrechtskonvention verankert und vom UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) empfohlen werden. Auch Liechtenstein beherbergt vereinzelte UMAs.

Gemäss Artikel 12 des Asylgesetzes gelten besondere Bestimmungen für UMAs beim Asylerfahren, die in Artikel 9 der Asylverordnung näher geregelt sind. Dazu gehören bspw. die Bestellung eines Verhinderungskurators (Verfahrenshelfer) und einer Vertrauensperson etc. Allerdings ist die in der Verordnung vorgesehene Bestimmung, die eine unverzügliche Ernennung einer Vertrauensperson durch das ASD festlegt, welche die UMAs während dem Asylverfahren unterstützt und begleitet, nur für UMAs bis 16 Jahre vorgesehen.

Die Strukturen des Aufnahmezentrums für Asylsuchende gewähren zudem keine kinderrechtskonforme Unterbringung und Betreuung für UMAs. Die UMAs über 16 Jahren sind wie Erwachsene untergebracht. Die Unterbringung und Betreuung in der Jugendwohngruppe des Vereins für Betreutes Wohnen und die Kinderwohngruppe des Heilpädagogischen Zentrums ist zwar kinderrechtskonform, aber sehr kostenintensiv und auch nicht spezifisch auf die Bedürfnisse von UMAs ausgerichtet. Zudem verzögern die Zuständigkeiten von mehreren Behörden das Verfahren.

Der VMR und die OSKJ-Ombudsstelle für Kinder und Jugendliche empfehlen die Anpassung der Asylverordnung an die Kinderrechtskonvention hinsichtlich der Unterbringung von unbegleiteten Minderjährigen Asylsuchenden sowie die Prüfung und Verbesserung der Prozesse zur Unterbringung und Betreuung von UMAs.

Datenschutz

  Deine Daten. Deine Rechte. in Leichter Sprache Neue oder digitale Medien – auch soziale Netzwerke – stellen Erwachsene, insbesondere aber auch Kinder und Jugendliche vor neue Herausforderungen. Der Umgang mit personenbezogenen Daten – ihre Speicherung, Verwendung, Verwertung oder Herausgabe ist problematisch. Elektronische amtliche Dokumente wie Pässe oder Impfausweise, aber auch Videoüberwachung in öffentlichen Gebäuden,
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leichte Sprache Deine Daten. Deine Rechte. in Leichter Sprache

Neue oder digitale Medien – auch soziale Netzwerke – stellen Erwachsene, insbesondere aber auch Kinder und Jugendliche vor neue Herausforderungen.

Der Umgang mit personenbezogenen Daten – ihre Speicherung, Verwendung, Verwertung oder Herausgabe ist problematisch. Elektronische amtliche Dokumente wie Pässe oder Impfausweise, aber auch Videoüberwachung in öffentlichen Gebäuden, an öffentlichen Plätzen oder am Arbeitsplatz betreffen das Recht auf Schutz der Privatsphäre.

Bereits 2005 forderte die 27. Internationale Konferenz der Beauftragten für den Datenschutz und den Schutz der Privatsphäre die Vereinten Nationen auf, die Rechte auf Privatsphäre („privacy“) und auf Datenschutz als Menschenrecht inhaltlich weiter auszugestalten.

Seit 2018 ist die Europäische Datenschutzgrundverordnung in Liechtenstein anwendbar. Per 1. Januar 2019 wurde das Datenschutzgesetz und die Datenschutzverordnung grundlegend überarbeitet. Im Rahmen dessen wurde eine unabhängige Datenschutzstelle (DSS)  zur Überwachung des Datenschutzes und als Beratungs- und Beschwerdestelle für Unternehmen und Privatpersonen geschaffen.

Mobbing und Cybermobbing

Mobbing bedeutet die wiederholte und über einen längeren Zeitraum andauernde Verletzung der Würde von Personen oder Gruppen. Dies geschieht, indem die betroffene Personen systematisch und absichtlich schikaniert, übergangen, abgewertet, beleidigt oder ignoriert werden. Mit der Verbreitung von Smartphones und den damit verbundenen technischen Möglichkeit, überall und jederzeit eine Textmitteilung, ein Foto oder ein Video erstellen,
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Mobbing bedeutet die wiederholte und über einen längeren Zeitraum andauernde Verletzung der Würde von Personen oder Gruppen. Dies geschieht, indem die betroffene Personen systematisch und absichtlich schikaniert, übergangen, abgewertet, beleidigt oder ignoriert werden. Mit der Verbreitung von Smartphones und den damit verbundenen technischen Möglichkeit, überall und jederzeit eine Textmitteilung, ein Foto oder ein Video erstellen, speichern und weiterleiten sowie massenhaft mit anderen teilen zu können,  hat dem Phänomen «Mobbing» eine neue, digitale Dimension verliehen.

Unter Cybermobbing versteht man das systematische, bewusste und absichtliche Beleidigen, Bedrohen, Blossstellen (mit Worten, Bildern und Videos) oder Belästigen anderer Personen im digitalen Raum. Cybermobbing ist eine Form von psychischer Gewalt, die sich massiv auf die psychische und körperliche Gesundheit der Betroffenen auswirken kann.

Mobbing und Cybermobbing sind seit 2019 in Liechtenstein strafbar. Im Land gibt es keine spezifische Mobbing-Beratungsstelle. Mit der landesweiten Kampagne «Worte verletzen. Auch online» sensibilisierte die Gewaltschutzkommission 2023 die breite Bevölkerung und informierte über Hilfsangebote für (v.a. jugendliche) Opfer von Mobbing oder Cybermobbing:
Beratung für Kinder- und Jugendliche
www.147.li

Kinder- und Jugenddienst des Amtes für Soziale Dienste (ASD)
https://www.llv.li/de/landesverwaltung/amt-fuer-soziale-dienste/kinder-und-jugendliche/beratung-und-hilfe

Offene Jugendarbeit (OJA)
www.oja.li

Ombudsstelle für Kinder und Jugendliche (OSKJ)
www.oskj.li/

Opferhilfestelle
www.ohs.llv.li

Schulsozialarbeit (SSA)
www.schulsozialarbeit.li

Fürsorgerische Unterbringung (Zwangseinweisung)

In den letzten Jahren wurden gemäss Landgericht durchschnittlich 40 Zwangseinweisungen (fürsorgerische Unterbringungen) pro Jahr vorgenommen. Die rechtliche Grundlage für eine Zwangseinweisung bietet das Sozialhilfegesetz (LGBl 1985 Nr.17) in Art. 11 und 12. Mit der Revision des Sozialhilfegesetzes, welches am 1. September 2021 in Kraft trat, wurden wesentliche Verbesserungen des Verfahrens eingeführt. U.a. werden die Bedingungen
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In den letzten Jahren wurden gemäss Landgericht durchschnittlich 40 Zwangseinweisungen (fürsorgerische Unterbringungen) pro Jahr vorgenommen. Die rechtliche Grundlage für eine Zwangseinweisung bietet das Sozialhilfegesetz (LGBl 1985 Nr.17) in Art. 11 und 12.

Mit der Revision des Sozialhilfegesetzes, welches am 1. September 2021 in Kraft trat, wurden wesentliche Verbesserungen des Verfahrens eingeführt. U.a. werden die Bedingungen für die fürsorgerische Unterbringung klar qualifiziert. Der VMR begrüsst es, dass die Anordnung zur fürsorgerischen Unterbringung restriktiv und vorwiegend zur Verhinderung der Selbstgefährdung erfolgen und dass eine Anordnung zum Schutz vor Fremdgefährdung nur dann vorgenommen werden kann, wenn diese „das Leben oder die Gesundheit anderer ernstlich und erheblich gefährdet“. Zudem werden Informationspflichten und regelmässige Überprüfungen der Unterbringung eingeführt. Gleichwohl empfiehlt der VMR zusätzlich den Aufbau eines psychologischen Notfalldiensts bzw. die Einführung eines Qualifikations-, Beratungs- oder Unterstützungssystems für die Ärzteschaft bei psychologischen Notfällen.

Die Neuregelung bei der Bewegungseinschränkung und bei der fürsorgerischen Unterbringung verfolgt den Ansatz der gelindesten Massnahmen sowie einer möglichst restriktiven Anwendung dieser Massnahmen. Dies steht im Einklang mit dem Recht auf Schutz der persönlichen Freiheit. Die umfassende Information der Betroffenen und gegebenenfalls ihrer gesetzlichen Vertreter/innen und Vertrauenspersonen über die Ursache, den Sinn, die Art sowie die Dauer des angeordneten Eingriffs in die persönliche Freiheit sowie die Möglichkeit, die angeordneten Massnahmen zur Bewegungsbeschränkung rechtlich anzufechten, stärkt die Rechte der betroffenen Person weiter.

Aufgrund des Mangels an inländischen Einrichtungen, erfolgen psychiatrische Zwangseinweisungen mehrheitlich in ausländische Kliniken. Im Länderbericht Liechtensteins an das Komitee der UNO-Antifolterkonvention von 2019: „Aktuell sind Bestrebungen im Gang, mit der Schweiz einen Staatsvertrag über die unfreiwillige Unterbringung von Patienten in Psychiatrie- oder Fürsorgeeinrichtungen abzuschliessen. Bei Unterbringungen in Österreich wird von den zuständigen österreichischen Behörden immer ein eigenes Verfahren nach dem österreichischen Bundesgesetz 23/29 vom 1. März 1990 über die Unterbringung psychisch Kranker in Krankenanstalten eingeleitet, so dass derzeit keine staatsvertragliche Regelung notwendig ist.“ Ende 2019 wurde dem Bundesministerium für Justiz von Seiten Liechtensteins ein Entwurf für den erwähnten Staatsvertrag unterbreitet, der die Grundlage für Rechtssicherheit und standardisierte und überprüfbare zwischenstaatliche Verfahren legt. Seither fanden mehrere Treffen der zwischenstaatlichen Arbeitsgruppe zum Vertragsentwurf statt, aufgrund der technisch sehr komplexen Fragestellungen sei jedoch gemäss Amt für Auswärtige Angelegenheiten noch kein Termin für den Vertragsabschluss absehbar.

Haft und Freiheitsbeschränkung

Prüfungsmechanismen Die Haftbedingungen und die Umsetzung anderer Formen des Freiheitsentzugs in Liechtenstein werden regelmässig von der Strafvollzugskommission der Regierung geprüft. Sie besucht Institutionen wie das Landesgefängnis oder Pflegeheime und erstattet der Regierung jährlich über die vorgefundene Lage Bericht. Die Kommission nimmt ausserdem die Aufgabe des Nationalen Präventionsmechanismus unter der Anti-Folter-Konvention des Europarats (Konvention zur Verhütung
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Prüfungsmechanismen

Die Haftbedingungen und die Umsetzung anderer Formen des Freiheitsentzugs in Liechtenstein werden regelmässig von der Strafvollzugskommission der Regierung geprüft. Sie besucht Institutionen wie das Landesgefängnis oder Pflegeheime und erstattet der Regierung jährlich über die vorgefundene Lage Bericht. Die Kommission nimmt ausserdem die Aufgabe des Nationalen Präventionsmechanismus unter der Anti-Folter-Konvention des Europarats (Konvention zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe; CPT) wahr. Die Berichte der Strafvollzugskommission finden sich in den Rechenschaftsberichten der Regierung.

Die Länderberichte Liechtensteins und die Empfehlungen an Liechtenstein zur UNO-Antifolterkonvention (CAT) sowie die Berichte des Ausschusses zu Liechtenstein unter der Folterpräventions-Konvention des Europarats (CPT) finden Sie hier.

Haftvollzug

Das liechtensteinische Landesgefängnis ist ein Untersuchungsgefängnis. Auch gewisse Administrativhaften (z.B. Ausschaffungshaften) werden vollzogen. Es bietet Beschäftigungs- und Besuchsmöglichkeit, Seelsorge für alle Religionen, geschlechtergetrennte Unterbringung und Gesundheitsversorgung. Allerdings sind die Arbeitsmöglichkeiten und die Behandlung und Betreuung von Personen mit psychischen Erkrankungen, Suchtmittelabhängigkeiten oder anderen spezifischen Bedürfnissen beschränkt. Das Kontaktrecht von minderjährigen Kindern zu inhaftierten Elternteilen (auch in der Untersuchungshaft) sollte an die menschenrechtlichen Vorgaben des Europarats und der UNO-Kinderrechtskonvention angepasst werden. Der reguläre Haftvollzug in Österreich ist wegen der teilweise grossen Distanzen betreffend Sozialkontakte nicht optimal. Seit 2018 kann jedoch der Entlassungsvollzug von Personen aus Liechtenstein in der nahegelegenen Schweizer Haftanstalt Saxerriet vorgenommen werden, was u.a. für die Resozialisierung vorteilhaft ist.

Die gesetzliche Grundlage über die Fristen bei Einzelhaft – gemäss Strafvollzugsgesetz bis zu vier Wochen bzw. auf Antrag des Vollzugsgerichts bis zu sechs Monaten – sollte überprüft werden, auch wenn gemäss Bericht der Regierung unter der UNO-Antifolterkonvention diese in der Praxis offenbar nicht ausgeschöpft wird.

Jugendhaft

Ein Jugendhaftvollzug im Inland, der den spezifischen Rechten und Verletzlichkeiten von Kindern und Jugendlichen gerecht wird, ist in Liechtenstein nicht gegeben, jedoch unbedingt notwendig. Der Haftvollzug für Jugendliche wird gemäss dem aktuellen Bericht der Regierung unter der UNO-Antifolterkonvention von 2019 durch ein Sonderregime geregelt. Allerdings ist dieses weder standardisiert noch schriftlich festgelegt, und es wird auch nicht dargelegt, ob es speziell überprüft wird

Eine ausländerrechtliche Haft für Jugendliche ab 15 Jahren ist gemäss Art. 60 Abs. 2 des Ausländergesetzes möglich. Auch wenn diese Form der Administrativhaft in der Praxis nicht vollzogen wird, so widerspricht diese Regelung der Kinderrechtskonvention, wie der UNO-Ausschuss für die Rechte des Kindes in seinen Allgemeinen Bemerkungen feststellt: Zwar erlaubt das Übereinkommen solche Inhaftierungen als letztes Mittel, gleichwohl dürfen Personen unter 18 Jahren gemäss des Grundsatzes des Kindeswohls (Art. 3 KRK) in der Regel nicht inhaftiert werden. Dies gilt unabhängig davon, ob sie sich in Begleitung eines Erwachsenen befinden oder nicht.

Fürsorgerische Unterbringung und Bewegungseinschränkungen in Alters- und Pflegeeinrichtungen

Seit der Revision des Sozialhilfegesetzes von 2020/21 werden die fürsorgerische Unterbringung und Massnahmen zur Bewegungsbeschränkungen von Menschen in Alters- und Pflegeeinrichtungen gesetzlich geregelt. Bei diesen Massnahmen handelt es sich um sehr sensible Eingriffe in das Grundrecht auf persönliche Freiheit. Die gesetzliche Neuregelung der Heimbetreuung ist umfassend und verhältnismässig und steht im Einklang mit der UNO-Behindertenrechtskonvention.  Die Anzahl der fürsorgerischen Unterbringungen hat sich in den letzten 20 Jahren vervierfacht. 88 Prozent aller fürsorgerischen Unterbringungen von 2018 – 2023 standen in Zusammenhang mit psychischen Erkrankungen. Um die Zunahme an fürsorgerischen Unterbringungen auf das notwendige Minimum zu beschränkten, sollte ein psychologischer Notfalldienst eingeführt werden. 95 Prozent aller fürsorgerischen Unterbringungen in diesem Zeitraum erfolgten bei Gefahr in Verzug durch die diensthabenden Ärzte und Ärztinnen und wurden gerichtlich überprüft. Nur 4 Prozent der in diesem Zeitraum erfassten Einweisungen wurden vom Gericht als unzulässig eingestuft und aufgehoben. Für die Überweisung in Schweizer Einrichtungen fehlt nach wie vor ein Staatsvertrag. Die Verhandlungen dafür sind bereits 2019 aufgenommen, aber noch nicht zum Abschluss gebracht worden. Weitere Informationen finden sich im VMR-Monitoringbericht.

Sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität

LGBTQIA+ (Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender, Queer, Intersexual, Asexual, und andere) ist eine Abkürzung für Personen mit unterschiedlicher Geschlechtsidentität und sexueller Orientierung. Die eigene sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität definieren und leben zu können, ist ein Menschenrecht. Die Rechtsprechung des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs etabliert – gestützt auf die EMRK – einen zwar nicht lückenlosen, aber thematisch relativ breiten
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LGBTQIA+ (Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender, Queer, Intersexual, Asexual, und andere) ist eine Abkürzung für Personen mit unterschiedlicher Geschlechtsidentität und sexueller Orientierung. Die eigene sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität definieren und leben zu können, ist ein Menschenrecht. Die Rechtsprechung des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs etabliert – gestützt auf die EMRK – einen zwar nicht lückenlosen, aber thematisch relativ breiten menschenrechtlichen Schutz für LGBTQIA+-Menschen, auf den diese sich berufen können.

Der VMR verfasste in Zusammenarbeit mit dem Verein Flay, der Anlauf- und Kontaktstelle der queeren Community in Liechtenstein, 2017 eine Analyse zur Situation von LGBTQIA+- Menschen.

Im Jahr 2011 trat in Liechtenstein ein Partnerschaftsgesetz in Kraft. Obwohl die eingetragene Partnerschaft in vielen Punkten der Ehe gleichgestellt ist, bestanden Unterschiede, vor allem in Bezug auf Kinderwunsch und Adoption. Gemäss Partnerschaftsgesetz Art. 25 hatten gleichgeschlechtliche Paare bisher keinen Zugang zur Fortpflanzungsmedizin und zur Adoption. In seiner Normenkontrolle vom 10. Mai 2021 hob der Staatsgerichtshof das Verbot der Stiefkindadoption als EMRK- und verfassungswidrig innert Jahresfrist auf. In ihrem Vernehmlassungsbericht schlug die Regierung vor, Art. 25 Partnerschaftsgesetz entsprechend abzuändern. Dies hätte bedeutet, dass das Verbot der Stiefkindadoption aufgehoben wird, das Verbot der Fremdkindadoption und des Zugangs zur Fortpflanzungsmedizin jedoch beibehalten würde. Der VMR hatte gemeinsam mit dem Frauennetz eine Stellungnahme zur Vernehmlassung abgegeben.

In seiner Sitzung vom 6. Mai 2022 hob der Landtag überraschend den gesamten Art. 25 Partnerschaftsgesetz auf schuf damit komplette Gleichstellung bei Adoption und Fortpflanzungsmedizin für gleichgeschlechtliche Paare.

Bereits im Jahr 2020 unterbreitete der VMR der Regierung folgende Empfehlungen zur Stärkung der Rechte von LGBTQIA+-Personen:

  • Erstellen einer Studie zur Situation von LGBTI in Liechtenstein
  • Ehe für gleichgeschlechtliche Paare
  • Einführung eines Personenstandsgesetzes
  • Eintragung eines „neutralen“ Geschlechts

In offiziellen Dokumenten und Formularen ist in Liechtenstein bis anhin keine von den binären Geschlechtskategorien (männlich oder weiblich) abweichende Geschlechtsangabe möglich. Dies missachtet die Menschenrechte von nichtbinären Personen. Der VMR empfiehlt, diesen Mangel zu beheben und die Voraussetzungen für den Eintrag eines «dritten Geschlechts» im Zivilstandsregister und im zentralen Personenregister sowie weiteren Dokumenten zu schaffen. Dazu sind Gesetzesanpassungen im Personen- und Gesellschaftsrecht (PGR) und die Schaffung eines Personenstandsgesetzes nötig.

Die Ehe für alle wurde in der zweiten Lesung am 16. Mai 2024 durch den Landtag verabschiedet. Mit dieser Umsetzung ist es allen gleich- und verschiedengeschlechtlichen Paaren in Liechtenstein neu ab 2025 möglich die Ehe zu schliessen. Damit kommt das Parlament der Motion «Ehe für alle» nach.

Im November und Dezember 2023 brachte sich der VMR gemeinsam mit Flay in die Umsetzung einer neuen Reglung zur Personenstandsänderung beim Zivilstandsamt ein. Die nun mit einem Leitfaden transparent erläuterte neue Regelung stellt eine einheitliche und menschenrechtlich konforme Vorgehensweise sicher und vereinfacht den Antrag zur Änderung des Geschlechtseintrags. Der Leitfaden ist nun eine verlässliche und menschenrechtskonforme Vorgabe bei Geschlechtsänderungen. Der Leitfaden und alle nötigen Informationen finden sich hier:  Onlineschalter Zivilstandsamt

Weiterführend Links:

Globaler Pakt für eine sichere, geordnete und reguläre Migration

Der Globale Pakt für eine sichere, georderte und reguläre Migration, kurz Migrationspakt, wurde im Dezember 2018 in Marrakesch von 164 UNO-Mitgliedstaaten verabschiedet und anschliessend in der Generalversammlung der UNO in New York von 152 Mitgliedstaaten angenommen. Fünf Mitgliedstaaten stimmten dagegen und zwölf enthielten sich der Stimme, darunter auch Liechtenstein. Ursache für die Enthaltung Liechtensteins waren
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Der Globale Pakt für eine sichere, georderte und reguläre Migration, kurz Migrationspakt, wurde im Dezember 2018 in Marrakesch von 164 UNO-Mitgliedstaaten verabschiedet und anschliessend in der Generalversammlung der UNO in New York von 152 Mitgliedstaaten angenommen.

Fünf Mitgliedstaaten stimmten dagegen und zwölf enthielten sich der Stimme, darunter auch Liechtenstein. Ursache für die Enthaltung Liechtensteins waren die in einem Sondertraktandum in der Dezembersitzung des Landtags mehrheitlich geäusserte Ablehnung des Pakts.

Der Verein für Menschenrechte setzte sich aktiv für den Migrationspakt ein, weil der Pakt die Absicht beinhaltet, die Menschenrechte von Migrantinnen und Migranten besser zu schützen und die globalen Herausforderungen der Migration zusammen mit anderen Mitgliedern der Staatengemeinschaft zu steuern und zu regulieren. Gleichzeitig erfüllt Liechtenstein bereits heute fast alle im Pakt genannten Ziele und ist als Zielstaat für Migrantinnen und Migranten auf eine regulierte und gesteuerte Migration angewiesen.

Erfreulicherweise wurde im Gegensatz zum Migrationspakt der Globale Pakt für Flüchtlinge am 13. November 2018 von 176 UNO-Mitgliedstaaten inklusive Liechtenstein verabschiedet und am 17. Dezember 2018 von 181 UNO-Mitgliedstaaten offiziell angenommen. Lediglich die Vereinigten Staaten stimmten gegen den Flüchtlingspakt.

Interview Radio L mit Christian Blank vom 4. Dezember 2018:

Runder Tisch Asylwesen

Der Runde Tisch Asyl wurde im Jahr 2014 von Amnesty Liechtenstein initiiert, um einen regelmässigen behörden- und organisationsübergreifenden Austausch über die aktuelle Situation sowie allfällige Probleme und Möglichkeiten der Zusammenarbeit im Asylbereich herzustellen. Seit seiner Gründung Ende 2016 koordiniert der VMR den Runden Tisch Asylwesen. Weitere Teilnehmer sind das Ausländer- und Passamt, der Verein Flüchtlingshilfe,
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Der Runde Tisch Asyl wurde im Jahr 2014 von Amnesty Liechtenstein initiiert, um einen regelmässigen behörden- und organisationsübergreifenden Austausch über die aktuelle Situation sowie allfällige Probleme und Möglichkeiten der Zusammenarbeit im Asylbereich herzustellen. Seit seiner Gründung Ende 2016 koordiniert der VMR den Runden Tisch Asylwesen. Weitere Teilnehmer sind das Ausländer- und Passamt, der Verein Flüchtlingshilfe, das Ministerium für Inneres, das Amt für Soziale Dienste sowie der unabhängige Rechtsberater für Asylsuchende.

Der Austausch umfasst generelle Fragen rund um das Asylwesen, das gesamte Asylverfahren sowie die Unterbringung und Betreuung von Asylsuchenden, vorläufig aufgenommenen Personen und anerkannten Flüchtlingen. Zweck des Dialogs ist es, die Zusammenarbeit zwischen den Verantwortlichen im Asylwesen zu verstärken, die Abläufe zu optimieren und ein gemeinsames Verständnis für die Herausforderungen und Möglichkeiten im Asylbereich zu entwickeln.

 

 

Bürgerliche und politische Rechte

Politische Teilhabe Alle volljährigen Personen mit liechtensteinischer Staatsbürgerschaft und Wohnsitz in Liechtenstein besitzen das aktive und passive Wahlrecht. Sie können somit wählen und abstimmen und auch selbst in ein Amt gewählt werden. Personen mit liechtensteinischer Staatbürgerschaft und Wohnsitz im Ausland haben kein Wahlrecht. Stimm- und Wahlrecht für Menschen mit Behinderung Vom Wahl- und Stimmrecht können
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Politische Teilhabe

Alle volljährigen Personen mit liechtensteinischer Staatsbürgerschaft und Wohnsitz in Liechtenstein besitzen das aktive und passive Wahlrecht. Sie können somit wählen und abstimmen und auch selbst in ein Amt gewählt werden. Personen mit liechtensteinischer Staatbürgerschaft und Wohnsitz im Ausland haben kein Wahlrecht.

Stimm- und Wahlrecht für Menschen mit Behinderung

Vom Wahl- und Stimmrecht können Personen ausgeschlossen werden, wenn sie z.B. unter Sachwalterschaft (Vormundschaft) stehen oder wenn sie (auf der Grundlage einer behördlichen Verfügung) in einer Verwahrungsanstalt untergebracht sind.

Artikel 29 der UNO-Behindertenrechtskonvention bestimmt, dass behinderte Menschen gleichberechtigt am politischen und öffentlichen Leben teilnehmen können, u.a. durch Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts. Sie bestimmt ausserdem, dass ausreichende Unterstützungsmassnahmen vorhanden sein müssen, damit dieses Recht umgesetzt werden kann. Darunter fallen z.B. Informationen und Wahlunterlagen in Leichter Sprache. Die diskriminierungsfreie Entfaltung des freien Wählerwillens, wie im UNO Pakt über politische und bürgerliche Rechte (Pakt II) festgelegt, wird damit auch für Menschen mit Behinderung geltend gemacht. Einschränkungen des Wahl- und Stimmrechts müssen gesetzlich begründet, objektiv und angemessen begründet sein. (Siehe auch «Rechtliche Implikationen einer Ratifikation der UN-Behindertenrechtskonvention für Liechtenstein» von Ganner/Müller/Voithofer 2019).

Stimm- und Wahlrecht für Ausländerinnen und Ausländer

Ausländische Personen mit Wohnsitz in Liechtenstein dürfen nicht wählen oder abstimmen, auch nicht auf kommunaler Ebene. Dies wird z.B. von der Kommission gegen Rassismus und Intoleranz des Europarats (ECRI) in ihren Empfehlungen von 2018 bemängelt.

Staatsbürgerschaft

Die lange Einbürgerungsfrist und die fehlende Rekursmöglichkeit bei Einbürgerungsabstimmungen der Gemeinden («Urnenabstimmungen») wird in Empfehlungen internationaler Menschenrechtsberichte verschiedentlich bemängelt. So z.B. in den Empfehlungen von 2012 durch den Ausschuss unter der UNO-Anti-Rassismuskonvention (ICERD).

Die doppelte Staatsbürgerschaft ist nur für bestimmte Personengruppen in Liechtenstein möglich. Ein Gesetzesentwurf zur Einführung der doppelten Staatsbürgerschaft für EWR- und Schweizer Staatsangehörige wurde im August 2020 abgelehnt. Die Einführung der doppelten Staatsbürgerschaft verbessert die politische Teilhabe. Möglichst alle Menschen sollen die Chance erhalten, am Zustandekommen politischer Entscheidungen zu partizipieren. Der vorgelegte Gesetzesentwurf entsprach nicht dem Gleichheitsgrundsatz, da er EWR- und Schweizer Staatsangehörige privilegierte. Die liechtensteinische Staatsbürgerschaft sollte allen Menschen unter gleichen Bedingungen zugänglich sein.

Staatenlosigkeit

2009 ratifizierte Liechtenstein das Übereinkommen über die Rechtsstellung der Staatenlosen von 1954 und das Übereinkommen zur Verminderung der Staatenlosigkeit von 1961. In der nationalen Gesetzgebung gibt es jedoch kein schriftlich festgelegtes Verfahren zur Anerkennung einer staatenlosen Person. Im Heimatschriftengesetz und der dazugehörigen Verordnung ist lediglich die Ausstellung eines Reisedokuments für staaten- und schriftenlose Personen vorgesehen.

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